168
man die Kunst der Porzellan-Fabrikation schon in uralten Zeiten,
aber in Europa nicht; und da das aus jenen fernen Ländern kommende
Porzellan theuer bezahlt wurde und schwer zu haben war, so strebte
man in Deutschland lange nach Erforschung des Geheimnisses. Endlich
gelang es einem Apotheker, Namens Böttcher, in Sachsen, Porzellan
» zu verfertigen. Er hatte zwar nicht nach der Verfertigung desselben
getrachtet, sondern er hatte nach dem Aberglauben der damaligen Zeit
Gold machen wollen, letzteres gelang natürlich nicht, aber es wurde bei
den verschiedenen Schmelzversuchen die Kunst erfunden, aus Thon das
schöne glänzende Porzellan zu machen. Die erste Porzellanfabrik wurde
in Meißen errichtet und anfangs die ganze Sache als ein Geheimniß
behandelt. Aber Geheimniß blieb sie nicht, und gegenwärtig wetteifert
das Berliner mit dem Meißner Porzellan.
V. Brennbare Mineralien.
A4. Steinkohlen, Braunkohlen, Torf, Schwefel
und Bernstein.
1. Wenn wir nichts als Holz zur Feuerung hätten, so würden
manche Gegenden bald von den Menschen verlassen werden müssen. Allein
der weise Schöpfer hat noch für anderes Brennmaterial gesorgt, das aus
der Erde geschafft wird; dazu gehören Steinkohlen, Braunkohlen
und Torf. Diese Brennmaterialien haben außer ihrer Wohlfeilheit noch
andere Vorzüge: die Steinkohlen geben eine weit grellere Hitze als das
Holz und brennen gleichmäßiger; der Torf glimmt langsam, und die
Braunkohle dauert lange aus. Jedenfalls können die, welchen es nie-
mals an einem guten Heerd- und Ofenfeuer mangelt, mag es nun aus
dem Erd- oder Pflanzenreiche stammen, dem Himmel nicht dankbar genug
sein! Was wären wir ohne das Feuer? Wird es nicht zu den
Elementen gerechnet, ohne die weder Mensch noch Thier bestehen kann?
Und hört man je auf, Feuer anzuzünden, obwohl durch das Feuer schon
so entsetzliches Unglück angerichtet worden ist?
2. Die Steinkohlen werden gleich den Metallen durch Bergbau
zu Tage gefördert. Glücklicher Weise sind aber ihre Lager gewaltiger
als die der Erze, sonst würde die saure Arbeit der Bergleute nicht
belohn! werden. Denn wären die Steinkohlen nicht weit billiger als
Holz, so würde sie niemand kaufen. Ist doch mit ihrem Gebrauche
manche Unbequemlichkeit verbunden; sie schwärzen die Häuser, Zimmer
und Menschen, und verbreiten beim Brennen einen, wenn auch nicht
ungesunden, doch gewiß nicht angenehmen Geruch. Dabei erlischt das
Steinkohlenfeuer sehr gern und verlangt sorgsame Abwartung. Wenn
aber, wie einst in Oberschlesien, ein Steinkohlenlager in Brand geräth,
so gelingt es selten, die Gluth zu löschen; oft wüthet sie Jahre lang
unter der Erde fort.
Wie die Steinkohlen entstanden sind, darüber sind die Meinungen
immer noch verschieden. Waren es ungeheure Wälder, welche bei einer
TM Hauptwörter (50): [T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe]]
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Extrahierte Personennamen: Namens_Böttcher Gluth
Extrahierte Ortsnamen: Europa Deutschland Sachsen Bernstein Oberschlesien
248
fähig erwiesen,,Deutschland im Innern einig und nach Außen stark
zu machen. Österreich und Preußen, die beiden deutschen Groß-
mächte, strebten eifersüchtig nach der Hegemonie*) in Deutschland.
Österreich, ein buntes Völkergemisch von 34 Millionen Einwohnern,
worunter nur 8 Millionen Deutsche, trachtete, im Hinblick auf alte
Überlieferungen, dem Hause Habsburg, als dem Träger der ehe-
maligen deutschen Kaiserkrone, sein Übergewicht in Deutschland zu
erhaltm. Preußen dagegen, als rein deutscher Staat mit 19 Millionen
Einwohnern und darunter 16 Hz Millionen Deutsche, erkannte den über-
wiegenden österreichischen Einfluß seit langer Zeit als ein Hinderniß
an der Fortentwickelung der deutschen Zustände. Durch die Gründung
des deutschen Zollvereins, sowie durch den Abschluß der Handels-
verträge mit Frankreich, England, Belgien und Italien hatte
Preußen sich in Handel und Wandel schon große Verdienste um die
Wohlfahrt Deutschlands erworben, und jemehr Hindernisse das öster-
reichische Sonder - Interesse **) diesen Verträgen entgegengestellt hatte,
desto mächtiger erwachte allmählich in den Herzen aller Vaterlands-
freunde die Sehnsucht nach einer „Einigung Deutschlands unter
Preußens Führung". Dem Könige Wilhelm war es vorbehalten,
auf der Bahn nach diesem Ziele hin, einen bedeutsamen Schritt vor-
wärts zu thun. Seine Regierung begann er mit der Armee-Reor-
ganisation^**), die sein wohldurchdachtes, selbsteigenes Werk ist. Er
selbst war im Militairwesen ergraut, hatte es seit 50 Jahren vorzugs-
weise als seine Lebensaufgabe betrachtet und besaß deshalb über die
Vorzüge und Mängel des Heeres ein vollgültiges Urtheil. Daher
ließ er sich auch trotz der großen Schwierigkeiten, welche ihm wegen der
vielen Kosten der Reorganisation entgegengestellt wurden, von der Durch-
führung derselben nicht abhalten. Ihn leitete dabei die Überzeugung:
wenn man große Leistungen von Preußen verlange, dürfe man auch die
Opfer nicht scheuen, welche eine verbesserte Einrichtung des Heeres erfordere.
Unterdessen war das Verlangen nach einer bessern Bundesverfassung
in Deutschland immer dringender geworden. Da trat der Kaiser von
Österreich, Franz Joseph, plötzlich mit einem, ohne Preußens Zu-
ratheziehung entworfenen Verbesserungsplan vom 18. August 1863
hervor, nach welchem Österreich an die Spitze von Deutschland,
Preußen dagegen auf eine Stufe mit Bayern gestellt werden sollte.
König Wilhelm lehnte jede Betheiligung an diesem Plane ab und
weigerte sich, dem deshalb nach Frankfurt berufenen Fürsten-Con-
greß'ch beizuwohnen, der dann auch ohne Erfolg blieb.
Bei diesen fortdauernden Mißklängen zwischen Österreich und Preußen
überraschte umsomehr das österreichisch-preußische Bündniß, in
Folge dessen die beiden Großmächte gemeinschaftlich einen Krieg unter-
*3 Hegemonie = Führerschaft, Oberherrschaft.
**} Sonder-Jnteresse = eigener Vortheil, Nutzen, Gewinn.
***) Reorganisation — Erweiterung, Vervollkommnung.
t) Kongreß — Verein, Versammlung.
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Franz_Joseph Franz August Wilhelm
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Frankreich England Belgien Italien Deutschlands Deutschlands Deutschland Deutschland Frankfurt
249
nahmen zur Befreiung der Herzogthümer Schleswig-Holstein von der
Vergewaltigung der Dänen. Preußen hatte Österreichs Theilnahme an
dem Kriege gewünscht, um die Einmischung des Auslandes in diese
deutsche Angelegenheit abzuhalten, andererseits aber auch, um in der
Leitung derselben nicht von den Mittel- und Kleinstaaten am Bunde
abhängig zu sein. Österreich hielt seine Betheiligung für rathsam, um
Preußens Schritte im Norden zu beobachten und diesem die Vortheile
des Sieges nicht allein zu überlassen — und» so wurden denn die
beiden deutschen Großmächte hier Bundesgenossen im Kampfe um
Schleswig-Holstein.
Ä?. Der Schleswig-Holstein'fche Krieg.
(1864.)
Seit gar langer Zeit standen die deutschen Herzogthümer
Schleswig-Holstein unter der Regierung der Könige von Däne-
mark. Dabei blieben aber die alten Grundsätze bestehen, wonach die
Herzogthümer nicht mit Dänemark vereinigt, sondern als selbstständige,
fest mit einander verbundene Staaten — „up ewig ungedeelt“ —
bestehen bleiben und nach eigenen Landesgesetzen regiert werden sollten.
Schon in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts fing man aber
in Dänemark an, das hergebrachte Recht der Herzogthümer zu verdunkeln,
den Bewohnern deutsche Sitte und deutsche Sprache zu verküm-
mern und dafür in Kirche und Schule ihnen das Dänische aufzu-
dringen. Standhaft widersetzten die Schleswig-Holsteiner sich diesen
Versuchen. Das ging unter vielen Wechselfällen so fort, bis der König
Christian Ix. am 18. November 1863 eine neue, vom dänischen
Reichsrath genehmigte Verfassung unterzeichnete, nach welcher das
Herzogthum Schleswig von Holstein getrennt und der dänischen
Monarchie einverleibt werden sollte. Da hierin eine offenbare Ver-
letzung -des Rechtes der Herzogthümer lag, so forderten Österreich
und Preußen den König Christian auf, diese Verfassung zurückzunehmen.
Die Aufforderung blieb ohne Erfolg — und so mußte denn der Krieg
entscheiden, den jetzt Österreich und Preußen gemeinschaftlich unter-
nahmen. Im Januar 1864 rückten die vereinigten Österreicher und
Preußen, 45,000 Mann stark, in Holstein ein. Am 2. Februar
wurden die Schanzen bei Mifsunde von den Preußen beschofien, und
als die Österreicher bis zu dem von den Dänen besetzten „Danne-
werk", einem durch Wall und Graben, durch Schanzen und Forts
besetzten Damm, vorgedrungen waren, hatten die Dänen sich bereits
nach Norden zurückgezogen. Unweit Flensburg wurden sie von den
Österreichern eingeholt und bei Oversee am 6. Februar geschlagen.
Am 9. Februar rückten die ersten Preußen in den Sundewitt ein.
Nach einer längeren Belagerung und Beschießung der „Düppeler
Schanzen" erfolgte am 18. April der denkwürdige Sturm auf
dieselben. Um 2 Uhr Nachmittags waren die Schanzen in Besitz der
Preußen und das ganze Festland Schleswigs von den Dänen befreit.
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Extrahierte Personennamen: Christian_Ix Christian
Extrahierte Ortsnamen: Schleswig-Holstein Schleswig-Holstein Dänemark Holstein Holstein Flensburg Oversee Schleswigs
225
Entscheidung eines allgemeinen Concils verbot, protestirten. Als
die Versuche des Kaisers, die Religionsstreitigkeiten friedlich beizulegen,
aus den Reichstagen zu Augsburg (1530) und zu Trient (1545)
gescheitert waren, entbrannte jener Religionskrieg, der schmalkaldische
Krieg genannt, der 1555 durch den Religionsfrieden auf dem
Reichstage zu Augsburg damit endete, daß den Protestanten freie
Religionsübung im Reiche gestattet wurde.
27. Der dreißigjährige Krieg.
Ungeachtet des Augsburger Religionsfriedens blieb aber die Er-
bitterung der Parteien, so daß zuletzt ein weit furchtbarerer Krieg, der
dreißigjährige Krieg (von 1618 — 1648) hereinbrach. Alle
Schrecknisse der Verheerung, des Raubes, Brandes und Mordes
wurden in diesem Kriege über das unglückliche deutsche Vaterlan
verhängt — durch die kaiserlichen Schaaren unter Tilly und
Wallenstein sowohl, als auch durch die Dänen unter Christian Iv.,
die Schweden unter Gustav Adolph, und die Franzosen unter
Türenne und Conds. Ströme von Blut wurden vergossen, wehr-
lose Weiber und Kinder ermordet und Städte und Dörfer verwüstet.
Wo früher Wohlstand blühte, herrschte Noth und Elend, ganze Ge-
genden waren entvölkert, Räuber und wilde Thiere hausten, wo
früher der Pflug gegangen war, und machten Wege, Dörfer und
Städte unsicher, und erst, nachdem Deutschland eine große Einöde ge-
worden, kam zu Münster und Osnabrück der westfälische Friede
zu Stande (1648), in welchem den Protestanten gleiche Rechte
mit den Katholiken eingeräumt und zugleich festgesetzt wurde, daß
sie alle Kirchen und Kirchengüter behalten sollten, die sie seit dem
Jahre 1624, welches das Normaljahr genannt wird, besaßen. Dort,
wo Hermann einst die Legionen des Varus schlug und sein Vaterland
von der Herrschaft der Römer befreite, da beugte jetzt Deutschland
seinen Nacken und ließ von beutelustigen Fremden sich einen schmach-
vollen Frieden diktiren, denn verschiedene Theile wurden jetzt vom deut-
schen Reiche abgerissen. Frankreich erhielt das schöne Elsaß; Schweden
bekam einen Theil von Pommern und die Insel Rügen und außer-
dem 5 Millionen Thaler Kriegsentschädigung. Die ver-
einigten Niederlande wurden als neuer Staat vom deutschen
Reichsverbande losgerissen, und die Unabhängigkeit der Schweiz
von Deutschland wurde anerkannt.
Als daher die Friedenstrompeten das Ende des 30jährigen Krieges
durch Deutschland verkündeten, da tönten wohl die Glocken hinab in
die Straßen, um einzuladen zum Dankgebet im Tempel des Herrn.
Aber man sah nicht zahlreiche, fröhliche Schaaren herbeieilen zum Gottes-
hause; denn mehr als die Hälfte der Bevölkerung Deutschlands war
nicht mehr. Väter und Brüder waren im Kriege gefallen, Mütter und
Töchter hatte der Gram verzehrt und Kinder und Enkel der Hunger
dahin gerafft.
Haesters' Lesebuch ftir Oberks, Simultair-Aus^. 16
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T25: [Kaiser König Reichstag Recht Reich Verfassung Staat Regierung Jahr Fürst], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Christian_Iv. Gustav_Adolph Gustav Hermann Varus
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Frankreich Schweden Pommern Deutschland Deutschland Deutschlands
— 300 —
warmen Lande außerordentlich gut wird. Er ist meistens roth; zwar
giebt es auch weißen, aber der rothe schmeckt besser. Die weinreichsten
Gegenden sind hier am obern Duero. In ganz Portugal wird der
Wein nicht gekeltert, sondern die Trauben werden mit den Füßen
zerstampft. Auch wird der Most nicht in den Keller gelegt, sondern
mit dem stärksten Branntweine vermischt, und über der Erde in den
Magazinen gelassen, wo er vergährt. Dies ist die Ursache, daß die
potugiesischen Weine alle schwer und stark, nicht leicht und fein sind,
wie die französischen. Sie werden meistens von der Stadt Porto oder
Oporto aus versendet; man nennt sie daher: Portweine.
Reich ist also Portugal an guten Weinen und edlen Früchten;^
desto ärmer aber ist es an Getreide. Nur in der nördlichen Hälfte
baut man hinlänglichen Vorrath; in der südlichen muß jährlich sehr
viel vom Auslande gekauft werden. Die Portugiesen sollen hieran
selbst Schuld sein; denn sie sind ein eben nicht sehr fleißiges Volk,
das sich nur höchstens zu solchen Arbeiten bequemt, die wenig An-
strengung erfordern. Sogar ihre meisten Schuhmacher, Schneider und
andere dergleichen nothwendige Arbeiter sind Ausländer, die sich theuer
bezahlen lassen.
Auch in seinen Gebirgen könnte der Portugiese genug zu arbeiten
finden; denn diese sind reich an Metallen, können aber freilich aus
Mangel an Holz nicht gut ausgebeutet werden.
Wie steht es denn aber mit den Fabriken? — Das Land hat
wirklich eine ziemliche Menge Tuch- und Wollenzeug-, Seiden- und
Leinwand-Manufacturen; dann verfertigt man viele Borden und
Bänder, auch eine große Menge Steingut und Töpferwaaren;
aber doch nicht so viel, als solche Fabrikwaaren im Lande gebraucht
werden. Man kauft sie daher meistens von den Engländern, die
alle Jahre viel mehr Geld aus Portugal schleppen, als sie den Por-
tugiesen für ihre Weine, Zitronen, Pomeranzen, Lorbeeren und ihr
Seesalz zu lösen geben.
Portugal hat auf 1623 Quadratmeilen ungefähr 4 Millionen
Einwohner, welche sich zur katholischen Religion bekennen.
8. Das Erdbeben zu Lissabon.
Die schrecklichsten Naturerscheinungen, die es giebt, sind Über-
schwemmungen, Ausbrüche von Vulkanen (feuerspeiende Berge)
und Erdbeben; von diesen selbst aber ist offenbar das letztere das
furchtbarste. Wie gräßlich, wenn der Boden unter den Füßen der
Menschen wankt, wenn er in jedem Augenblicke zerreißen und sich ihm
zum Grabe öffnen kann; wenn das schützende Dach seiner Hütte, in der er
friedlich zu leben hoffte, herabzustürzen und ihn zu zermalmen droht! —
Der Grund des Erdbebens ist unterirdisches Feuer. Ihr wißt ja,
daß manche Stoffe, besonders mit Feuchtigkeit verbunden, von selbst in
Hitze gerathen und sich zuletzt entzünden. Feuchtes Heu, fest zusammen-
gepackt, geräth in Brand, eben so entzünden sich Eisentheile, wenn sie
TM Hauptwörter (50): [T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T19: [Wasser Luft Eisen Körper Silber Gold Kupfer Metall Stein Erde], T15: [Wein Getreide Baumwolle Tabak Kaffee Obst Weizen Reis Zucker Kartoffel]]
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459
werden. Doch der blutigste Kampf mußte noch mit den Österreichern
um die Festung Mantua geführt werden. Von Neuem blieb Napoleon
Sieger in der dreitägigen Schlacht bei Arcóle (15.—17. Nov.) nach
den furchtbarsten Anstrengungen, und nachdem er selbst fast das Opfer
seines kühnen Muthes geworden war. Der Erzherzog Karl konnte
Italien nicht mehr retten, und der Friede von Campo Formio (Okt.
1797) machte dem Krieg ein Ende. Mit unbeschreiblicher Begeisterung
ward der Mann, durch desien Talent die Franzosen gesiegt hatten, in
Frankreich aufgenommen und mit Ehrenbezeugungen überhäuft.
Nichts desto weniger fand Napoleon unter seinen Mitbürgern großen
Neid, ja Haß. Der Wann, welcher so leicht Sieg an Sieg knüpfte,
schien vielen gefährlich, und erwünscht kam es daher diesen, daß er
selbst einen Plan entwarf, welcher ihn aus Frankreich entfernte. Nur
ein Feind nämlich war noch unbesiegt von den Franzosen und mochte
mit diesen nicht Frieden schließen: England. Gegen dieses Land be-
gannen jetzt die furchtbarsten Rüstungen, überall sammelten sich Truppen
und in allen Häfen Kriegs- und Lastschiffe. Doch Nicht in England
selbst dachte Napoleon zu landen, sondern dieses Land da anzugreifen,
woher es seine meisten Reichthümer bezog, in Ostindien. Und um
dort der Herrschaft der Engländer ^ ein Ende machen zu können, wollte
er beginnen mit der Eroberung Ägyptens. Dahin also segelte er
am 19. Mai 1798 mit einer ansehnlichen Flotte, gewann die Insel
Malta durch Verrath und landete glücklich am 1. Juli an der ägyp-
tischen Küste bei Alexandrien. Und im Angesicht der ungeheuren
Pyramiden, die Jahrtausende gestanden,hatten, erfocht Napoleon seinen
ersten Sieg, worauf er siegreich ganz Ägypten durchzog. Unterdessen
ward die französische Flotte von dem englischen Admiral Nelson an
der ägyptischen Küste bei Abukir am 2. Aug. 1798 vernichtet. Der
französische Admiral Brueyes flog mit seinem Admiralschiff und elf-
hundert Mann Besatzung in die Luft. Türken und Engländer zogen
in gewaltigem Heere von Syrien heran. Und ob auch Napoleon ihnen
zuvorkam, so war er doch in Syrien nicht glücklich; Hunger, Pest und
Klima rieben sein Heer auf. Zu gleicher Zeit wurden in Europa, wo
sich eine neue große Verbindung gegen Frankreich geschlossen hatte, alle
französischen Heere geschlagen, alle Eroberungen gingen verloren, und
im Innern Frankreichs selbst herrschte große Unzufriedenheit. Da be-
sann sich Napoleon keinen Augenblick, verließ sein Heer, bestieg ein
Schiff, entging den ihn verfolgenden Engländern wie durch ein Wunder
rmd war in Paris, ehe man es sich versah. An der Spitze der Sol-
daten gab er Frankreich noch im Jahr 1799 eine neue Verfassung und
nahm als der erste der drei Consuln die oberste Gewalt an sich.
Bald stellte er auch das Glück der französischen Waffen wieder her und
rettete Frankreich von der drohenden Gefahr. Denn er stieg über den
St. Gotthardsberg nach Italien und erfocht am 14. Juni 1800 den
glänzenden Sieg bei Marengo, und schon im Jahre 1801 brachte
er den für Frankreich äußerst vortheilhaften, für Deutschland in seinen
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Extrahierte Personennamen: Napoleon Karl Karl Napoleon Napoleon Napoleon Admiral_Nelson Admiral_Brueyes Napoleon Napoleon Marengo
Extrahierte Ortsnamen: Mantua Italien Frankreich Frankreich England England Ostindien Malta Syrien Syrien Europa Frankreich Frankreichs Paris Frankreich Frankreich Gotthardsberg Italien Frankreich Deutschland
Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
§ 32. Friedrich Wilhelm 111.
69
4. Kriege gegen die Republik. Die Fürsten Europas schlossen
einen Bund (Koalition), um die auch ihnen bedrohliche Revolution in Franko
reich zu unterdrücken. Zahlreiche Flüchtlinge, der französischen Königs-
familie und dem Adel angehörig (Emigranten), schürten den Kriegseifer in
Deutschland. Preußen und Österreicher stelen unter der Führung des Her-
zogs Ferdinand von Braunschweig in Frankreich ein. Dieser reizte durch
ein prahlerisches Manifest (Bekanntmachung) den Unwillen aller Franzosen
und ließ auf seine großen Worte keine Taten folgen. Das Heer litt
durch ungünstige Witterung und Seuchen; zwischen Österreich und Preußen
entstand eine ernste Mißstimmung wegen der Teilung Polens, und trotz
zweier Siege der Preußen sah sich Friedrich Wilhelm Ii. zum Frieden von
Basel genötigt 1795. — Im folgenden Jahre drang der junge, aber kühne
General Napoleon Bonaparte mit seinem schlecht ausgerüsteten, aber
dem Führer blind vertrauenden Franzosenheere in Oberitalien ein, schlug die
Österreicher mehrmals, drang durch die Alpenpässe nach Steiermark und
bedrohte Wien. Dadurch ward auch Österreich zum Frieden gezwungen,
der zu Campo Formio bei Udine (Oberitalien) 1797 abgeschlossen wurde.
Das linke Rheinufer nahm Frankreich als Beute.
§ 32. Friedrich Wilhelm m. (1797—1840).
1. Charakter. Friedrich Wilhelm Iii. folgte, 27 Jahre alt, seinem
Vater in der Regierung. Der alternde Friedrich der Große hatte an ihm,
seinem Großneffen, die größte Freude gehabt. Er war ganz anderer Art
als sein Vater. Er haßte den Prunk und die Verschwendung, war einfach,
mäßig und sparsam. Er entließ die Günstlinge seines Vaters, führte wie-
der Ordnung und Sparsamkeit in die Verwaltung ein, um die Schulden,
die sein Vater hinterlassen hatte, zu tilgen. Am wohlsten fühlte sich der
König in seiner Familie. 1793 hatte er sich mit der Prinzessin Luise von
Mecklenburg-Strelitz verheiratet. Sie war die „schönste Königin", voller
Anmut, Herzensgüte und Frömmigkeit. Ihre Freundlichkeit, selbst gegen den
Geringsten, gewann ihr aller Herzen. Voll Bewunderung und herzlicher
Freude schaute das Volk auf das erlauchte Paar auf dem Throne, das durch
ein echt deutsch-christliches Familienleben allen Untertanen vorleuchtete. —
2. In den schweren Wirren, die durch die Französische Revolution
hervorgerufen waren, hoffte Friedrich Wilhelm Iii. durch Neutralität (Nicht-
beteiligung) durchzukommen, um seinem Lande den Frieden zu erhalten,
obgleich alle europäischen Staaten mit der jungen Republik in Fehde leb-
ten und fast alle unterlagen, namentlich seit sich Napoleon an die Spitze
derselben gestellt hatte. Dieser war der 1769 geborene Sohn eines Ad-
vokaten auf der Insel Korsika. Noch jung an Jahren hatte er das mächtige
Österreich zum Frieden gezwungen (1797), war daraus, um England zu
schädigen, nach Ägypten gezogen und hatte ein türkisches Heer bei den
Pyramiden (bei Kairo) geschlagen.
TM Hauptwörter (50): [T34: [Krieg Frankreich England Deutschland Preußen Frieden Rußland Napoleon Kaiser Jahr], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T47: [Friedrich Wilhelm Kaiser König Iii Kurfürst Jahr Preußen Brandenburg Johann]]
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Extrahierte Personennamen: Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ferdinand_von_Braunschweig Ferdinand Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Napoleon_Bonaparte Napoleon Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich_der_Große Friedrich Friedrich_Wilhelm_Iii Friedrich Wilhelm Napoleon
Extrahierte Ortsnamen: Europas Franko Deutschland Frankreich Polens Basel Oberitalien Wien Udine Oberitalien Frankreich Mecklenburg-Strelitz Korsika England Kairo
Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
36
§21. Die Spaltung in der abendländischen Kirche.
4. Reichstag zu Worms (1521). Inzwischen war nach Kaiser Maxi-
milians Tode sein Enkel Karl V. zum Kaiser gewählt worden. Derselbe
war zugleich König von Spanien (mit seinen neuen Besitzungen in Amerika,
s. § 20. B. 2, 3) und Herzog von Burgund, so daß man sagte, in seinem
Reiche gehe die Sonne nicht unter. Karl V. erschien 1521 das erste Mal
als Kaiser im Deutschen Reich und berief einen Reichstag nach Worms,
vor dem auch Luther erscheinen und sich verantworten sollte. Unter dem
Schutze eines kaiserlichen Geleitsbriefes, der ihm des Kaisers Schutz auf der
Hin- und Rückreise verbürgte, zog er, trotz der Abmahnung seiner Freunde,
nach Worms. Unter ungeheurem Zudrange des Volkes zog er in die Stadt
ein. Am folgenden Tage wurde er vor die glänzende Reichsversammlung
geführt und zum Widerruf seiner Schriften aufgefordert. Er erbat sich
einen Tag Bedenkzeit. Am folgenden Tage erschien er wieder vor dem
Reichstage und verteidigte seine Lehre in einer langen Rede. Als er darauf
aufgefordert wurde, seine Lehre zu widerrufen, da erklärte er: „Es sei denn,
daß ich aus der Heiligen Schrift oder mit hellen Gründen überwiesen
werde, so kann und will ich nicht widerrufen!" Obgleich der Kaiser Luther
hierauf in die Acht und damit für vogelfrei erklärte, so hielt er ihm doch
das freie Geleit; er gönnte ihm einundzwanzig Tage zur Rückreise. Erst
nach dieser Zeit sollte die Achtserklärung in Kraft treten. — Als Luther
auf dem Wege nach Wittenberg in die Nähe der Stadt Eisenach kam, wurde
er plötzlich von vermummten Reitern überfallen, aus dem Wagen gerissen
und auf die nahe Wartburg gebracht. Doch war der Überfall nur ein
scheinbarer; Kurfürst Friedrich der Weise hatte ihn angeordnet, um Luther
in Sicherheit zu bringen. Auf der Wartburg lebte dieser fast ein Jahr
unter dem Namen „Junker Jörg", von Freunden und Feinden für tot ge-
halten, und begann hier seine Bibelübersetzung.
5. Fortgang der Kirchenspaltung. Während dieser Zeit erregte
Luthers Freund Dr. Karlstadt, ein schwärmerischer und unklarer Mann,
viele Unruhe durch seinen Bildersturm. Er warf mit seinen Genossen die
Bilder, Altäre und Orgeln aus den Kirchen, verwarf die Kindertaufe und
forderte die Taufe der Erwachsenen. Kaum hatte Luther von diesem Un-
wesen Kunde erhalten, so kehrte er, trotz der Abmahnungen seines Kur-
fürsten, nach Wittenberg zurück und stellte bald Ordnung und Ruhe wieder
her. — Er arbeitete nun mit seinen Genossen, namentlich dem gelehrten und
milddenkenden Melanchthon, fleißig an seiner Bibelübersetzung. Seine
erste deutsche Bibel erschien 1534.
Auch ging er in Wittenberg an eine Neuordnung des Gottesdienstes.
Er schaffte die lateinische Messe und die Ohrenbeichte ab, spendete das heilige
Abendmahl in beiderlei Gestalt und hob das Zölibat der Geistlichen auf.
Die Klöster wurden geöffnet, und Mönche und Nonnen durften heiraten.
Luther selbst heiratete eine frühere Nonne, Katharina von Bora. Für
den Unterricht der Jugend sorgte er eifrig; er empfahl die Einrichtung von
Schulen aufs wärmste und verfaßte einen Katechismus, auch dichtete er viele
Kirchenlieder. — Die Reformation fand bei vielen Fürsten und Städten
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Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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§ 35. Friedrich Wilhelm Iv.
druck, ohne Ansehen der Person. Ich aber und mein Haus, wir wollen
dem Herrn dienen!" Und in diesem Geiste waltete er mit seiner Gemahlin
Elisabeth, einer bayrischen Prinzessin. Sie unterstützten eifrig christliche
Vereine, die damals entstanden zur Pflege religiösen Sinnes und christlicher
Nächstenliebe, so den Gustav Adolf Verein, der die Evangelischen in
der Zerstreuung unterstützt, und die Vereine für die innere Mission.
Diese gründen und unterhalten Waisen-, Rettungs- und Krankenhäuser,
Kinderbewahr-Anstalten, Herbergen zur Heimat, Sonntagsschulen und Jüng-
lingsvereine. Vor allem sind die Diakonissen-Anstalten zu nennen, deren
erste Pastor Fliedner zu Kaiserswerth am Rhein gründete. Friedrich
Wilhelm Iv. stiftete 1847 die große Diakonissen-Anstalt Bethanien in
Berlin.
3. Der König pflegte aber auch Künste und Wissenschaften. Drei-
hundert neue Kirchen hat er erbaut und sehr viele wiederherstellen lassen.
Er begann den Ausbau des Kölner Domes und des Hochmeisterschlosses
zu Marienbnrg. Die Stammburg seines Hauses im von ihm erworbenen
Hohenzollernlande ließ er erneuern. In Berlin errichtete er viele
herrliche Bauwerke und Denkmäler, vor allem das Denkmal Friedrich des
Großen. — Die bedeutendsten deutschen Gelehrten, Maler, Bildhauer
und Musiker rief er in sein Land Der große Gelehrte und Forscher
Alexander von Humboldt war sein Freund. — Er legte den Grund
zur preußischen Flotte und erwarb von Oldenburg den Jahdebusen
zur Anlegung eines Kriegshafens. — Die Zahl der Eisenbahnen wuchs
alljährlich; die elektrische Telegraphie wurde eingeführt. Großartige
Fabriken entstanden während seiner Regierungszeit, so die Maschinen-
fabrik von Borsig in Berlin und die Gußstahlfabrik von Krupp in Essen.
Auch für die Landwirtschaft sorgte der König unausgesetzt; mehr als
200 Quadratmeilen bis dahin öden Landes wurden urbar gemacht.
4. Gewaltige Unruhen erschütterten 1848 ganz Europa. Sie gingen
wieder von Paris aus, wo man abermals eine Republik aufgerichtet hatte.
Auch in Deutschland und besonders in Preußen gab es viele Unzufriedene;
sie verlangten, auch an der Gesetzgebung teilnehmen zu dürfen. Da der
König sich ihren Forderungen nicht sofort fügen konnte, so brach auch in
Berlin ein Aufstand aus, der aber nach heftigem Straßenkampfe von dem
Militär niedergeworfen wurde. Trotzdem der König gesiegt hatte, sandte
er doch in friedfertiger Weise seine Soldaten aus der Hauptstadt hinaus,
um dem Blutvergießen Einhalt zu tun. Am 31. Januar 1850 gab er
seinem Volke eine Verfassung. Nach derselben werden die Gesetze vom
Könige, dem Herrenhause und dem Abgeordnetenhause gemeinschaftlich
festgestellt. Und nun kehrte das Vertrauen zwischen Fürsten und Volk
wieder zurück.
5. Zurückweisung der Kaiserkrone. In jener Zeit wünschten viele
edle Deutsche, daß Deutschland aus seiner Zerrissenheit zu größerer Einig-
keit geführt werde. Abgeordnete aller Stämme hatten sich zu Frankfurt
a. M. versammelt, und diese ließen dem König Friedrich Wilhelm Iv..
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Wilhelm Friedrich Wilhelm Friedrich Alexander_von_Humboldt Alexander Krupp Friedrich Wilhelm
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Hrsg.: Nowack, Hugo, Steinweller, F., Sieber, Hermann, Rohn, R. A., Paust, J. G.
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schultypen (WdK): Simultanschule
Schultypen Allgemein (WdK): Simultanschule
Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Konfession (WdK): Konfessionell gemischt
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§ 19. Ausgang des Mittelalters und Anbruch einer neuen Zeit.
Banne belegt. Trotzdem fuhr er fort zu predigen und zu lehren. Seine
meisten Anhänger unter den Studenten waren Böhmen, denn die Deutschen
haßten ihn wegen seiner Feindschaft gegen ihre Nation. Ihrer viele
wanderten damals von Prag aus und gaben Veranlassung zur Gründung
einer zweiten deutschen Universität, der zu Leipzig.
4. Huß vor dem Konzil. Er wurde zur Verantwortung nach
Konstanz vor das Konzil geladen. Huß erschien auch, da ihm der Kaiser
sichere Hin- und Rückreise verbürgte. Aber bald nach seiner Ankunft wurde er
in das Gefängnis geworfen. Das Konzil verdammte seine Lehre und forderte
von ihm unbedingten Widerruf. Da er diesen verweigerte, so verurteilte man
ihn zum Feuertode. und am 6. Juli 1415 wurde er als Ketzer verbrannt.
In Konstanz übertrug Sigismund dem Burggrafen Friedrich von Nürn-
berg die Mark Brandenburg 1415 (s. § 25, 2).
5. Hussitenkrieg. Als die Böhmen die Nachricht von dem furcht-
baren Ende ihres geliebten Lehrers erhielten, ergriffen sie die Waffen.
Bauern und Handwerker, Ritter und Gelehrte scharten sich um den helden-
kühnen, aber wilden, einäugigen Ziska. Sie forderten das heilige Abend-
mahl in beiderlei Gestalt, und Priester trugen zum Zeichen dafür den Kelch
voraus. König Wenzel starb gleich nach den ersten Volksauflüufen in Prag,
und Sigismund wollten die Hussiten nicht anerkennen. Dieser führte ge-
waltige Heere zur Unterdrückung des Aufstandes nach Böhmen; der Papst
ließ das Kreuz gegen die hussitischen Ketzer predigen: aber vor den furcht-
baren Schlachtgesängen und dem wilden Mute der Hussiten hielt keines der
vielen Heere stand. An Ziskas Stelle trat später Prokop. Er führte,seine
Horden auch in die Nachbarländer: Sachsen. Brandenburg, Schlesien, Öster-
reich, Ungarn und Bayern. Schließlich kam ein friedlicher Vergleich zu-
stande. Man gewährte den Hussiten den Kelch und die freie Predigt.
Nun ward Sigismund als König von Böhmen anerkannt, 1436. Aber schon
im nächsten Jahre starb er, seine Länder und die Kaiserwürde seinem
Schwiegersöhne, einem Habsburger, überlassend.
§ 19. Ausgang des Mittelalters und Anbruch einer
neuen Zeit.
1. Des Reiches Gebrechen waren in den Hussitenkriegen deutlich
zu Tage getreten; Heer- und Gerichtswesen waren in dem übelsten Zu-
stande. Bei den Fürsten, hohen Geistlichen und freien Städten galt der
Kaiser nichts mehr, und die Kaiser sorgten fast nur für ihre Erblande.
Wieder wurde ganz Deutschland von wilden Kriegen durchtobt wie im Inter-
regnum. Auch gegen äußere Feinde zeigte es sich uneinig und darum
kraftlos. Die Türken eroberten 1453 Konstantinopel und drangen nach
Westen vor. Der Deutsche Ritterorden in Preußen mußte Polens Ober-
hoheit anerkennen. Die Schweiz, die Niederlande und ein großer Teil von
Lothringen gingen dem Reiche verloren. Da kam
2. Maximilian I. auf den Kaiserthron. Er war von hohem Wüchse
und großer Kraft und Geschicklichkeit. Er besaß einen hellen Verstand und
ein vorzügliches Gedächtnis. Dabei hatte er die Gabe, sich bei Fürsten
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